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Wenn eine verbesserte Hygiene Leben retten kann

Ein Einsatzbericht von Bianca Lumpp


Wenn eine verbesserte Hygiene Leben retten kann

Am 6. Mai 2024 reisten meine Kollegin Suzanna Hulskamp aus den Niederlanden und ich, Bianca Lumpp aus Deutschland, nach Jimma, Äthiopien. Im Rahmen eines humanitären Projekts von GO STAR war es unser Ziel, die hygienischen Bedingungen im Krankenhaus zu verbessern.

Während unseres Aufenthalts identifizierten wir zahlreiche Probleme sowohl auf der Station als auch im OP. Auf der Station fiel uns auf, dass die Organisation des täglichen Verbandswechsels stark verbesserungsbedürftig war. Es fehlte an essenziellem Material und Mobiliar wie Verbandswagen, Verbandsscheren, Pinzetten, Liegen für den Verbandsraum, Tretmülleimern, Rollstühlen, Transportliegen und Toilettenstühlen. Zudem waren Behälter für Klingen und Nadeln sowie Halterungen für Händedesinfektionsmittel nicht vorhanden. Auch Desinfektionsmittel für Hände und Flächen sowie sterile Spüllösungen und Schutzkleidung für das Personal waren Mangelware.
Im OP-Bereich waren die Herausforderungen ebenso gravierend. Es gab keine ausreichenden OP-Abdeckungen und die Bohrmaschinen wurden mit „Formalin“, einem gesundheitsschädlichen und ineffektiven Desinfektionsmittel, gereinigt. Es mangelte an Desinfektionsmitteln und entsprechenden Halterungen. Die Siebe und Lager waren unstrukturiert, und die Kommunikation zwischen Chirurgen, Anästhesisten und OP-Pflege war schlecht. Zudem fehlte eine strukturierte OP-Planung.

Bewusstseinsschärfung und Umstrukturierung der Reinigungsprozesse

Um die identifizierten Probleme zu adressieren, haben wir verschiedene Massnahmen ergriffen. Wir arbeiteten intensiv daran, das Bewusstsein für die Hygiene zu schärfen und deren Einhaltung zu verbessern. Der Ablauf des Verbandswechsels und die Organisation wurden optimiert, und wir schulten das Personal in hygienischen Praktiken während des Verbandswechsels.
Wichtig war die Umstrukturierung der OP-Siebe, bei der wir Fotodokumentationen anfertigten, um eine klare Übersicht zu gewährleisten. Zur Erklärung: OP-Siebe sind Container, in denen die sterilen Instrumente und Implantate liegen. Die bisher übliche Bohrmaschinenreinigung mit „Formalin“ wurde durch ein Anleitungsvideo ersetzt. Wir ordneten den Lagerraum neu und führten Gespräche mit der Hygieneabteilung, um klare Absprachen zu treffen.

Unsere Optimierungen führten zu sichtbar besseren hygienischen Bedingungen

Unser Einsatz war erfolgreich und hat die hygienischen Bedingungen und das Bewusstsein in Bezug auf den Verbandswechsel verbessert. Im OP wurde die Umstrukturierung der Siebe von Chirurgen und OP-Personal sehr positiv aufgenommen. Die Siebe werden nun nicht mehr geöffnet, um zu sehen, was sich im Sieb befindet. Ein kleiner Schritt mit viel Wirkung! 

In Zukunft möchte das Personal weitere Siebe in eigener Regie umstrukturieren. Die Neuordnung des Lagers ermöglicht eine schnelle und gute Übersicht über Instrumente und Implantate. Zudem wird nicht mehr mit dem gesundheitsschädlichen „Formalin“ gereinigt, welches keine reinigende Wirkung hat.

Wie sichern wir diese Fortschritte langfristig?

Die Nachhaltigkeit der Verbesserungen werden entscheidend sein! Als nächstes sollte das Material, wie in unserem Fachbericht beschrieben, gekauft werden. Sobald sämtliches Material vor Ort ist, ist ein erneuter Einsatz zwecks Schulungen wichtig.

Unterschiede zu anderen Ländern in Afrika

Was die Hygiene in afrikanischen Ländern betrifft, gibt es einige Unterschiede. In Tansania gab es oft nur angelernte Pflegekräfte ohne Ausbildung. Dies ist in Äthiopien besser, da dort alle eine Krankenpflegeausbildung haben. Das Verständnis für Hygiene ist jedoch ein anderes. Der Fussboden wird gereinigt, auch sehr oft, aber die Wände oder Arbeitsflächen gar nicht. Hinzu kommt, dass es überhaupt keine Händedesinfektionsmittel oder Flächendesinfektionsmittel in den Krankenhäusern gibt, da die finanziellen Mittel nicht ausreichen. Das Personal muss besser geschult werden. Sie möchten auch gerne lernen. Nach unserer Schulung haben sie sofort alles umgesetzt und empfanden es als Erleichterung. Die Arbeit war leichter und angenehmer für die Pflegekräfte und Patienten.

 

Zu den Personen: Bianca Lumpp und Suzanna Hulskamp

Bianca Lumpp (rechts im Bild)

Bianca Lumpp ist seit über 30 Jahren eine erfahrene OP-Fachschwester und Praxisanleiterin für OP-Personal. Ihre Karriere begann an der Uniklinik Göttingen, wo sie 34 Jahre lang als Leitung im OP tätig war. Während ihrer Zeit dort erwarb sie umfassende Kenntnisse und Fähigkeiten in der Organisation und Durchführung von Operationen sowie in der Anleitung und Schulung von OP-Personal. Zusätzlich zu ihrer Ausbildung als OP-Fachschwester hat Bianca eine Weiterbildung zur Hygienefachfrau abgeschlossen, was ihr tiefgreifendes Verständnis für die Bedeutung von Hygiene und Infektionsprävention im medizinischen Umfeld unterstreicht.
Derzeit arbeitet Bianca als Freelancerin und ist für das Gesundheitsamt tätig, wo sie ihre Expertise weiterhin einbringt, um die Gesundheitsversorgung zu verbessern. Ihre umfangreiche Erfahrung umfasst auch zahlreiche Auslandseinsätze in verschiedenen Ländern, darunter Tansania, wo sie ihre Kenntnisse und Fähigkeiten in unterschiedlichen kulturellen und medizinischen Kontexten angewendet hat.

Suzanna Hulskamp (links im Bild)

Suzanna Hulskamp bringt ebenfalls über 30 Jahre Erfahrung als OP-Fachschwester und Praxisanleiterin für OP-Personal mit. Sie arbeitet seit über drei Jahrzehnten im OP in Alkmaar, Niederlande, und hat sich dort als kompetente und zuverlässige Fachkraft etabliert. Suzanna hat ihre berufliche Laufbahn stets mit einem hohen Mass an Engagement und Professionalität verfolgt, was sich in ihrer langjährigen Tätigkeit in Alkmaar widerspiegelt.

Zusammen mit Bianca Lumpp führt Suzanna Schulungen und Kurse für die „Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthese“ (AO) durch. In diesen Kursen vermittelt sie ihr umfassendes Wissen durch Vorträge und praktische Übungen, um die Fähigkeiten des OP-Personals zu erweitern und zu vertiefen. Suzannas internationale Erfahrung umfasst ebenfalls zahlreiche Auslandseinsätze, insbesondere in Tansania, wo sie gemeinsam mit Bianca ihre Fachkenntnisse weitergegeben hat.

Gemeinsame Aktivitäten

Bianca Lumpp und Suzanna Hulskamp sind nicht nur langjährige Kolleginnen, sondern auch ein eingespieltes Team, das sich der Ausbildung und Verbesserung von OP-Personal weltweit verschrieben hat. Ihre gemeinsamen Einsätze in verschiedenen Ländern, wie zum Beispiel Tansania, zeugen von ihrem Engagement und ihrer Bereitschaft, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten global zu teilen. Durch ihre Zusammenarbeit bei der AO und ihre internationalen Einsätze tragen sie maßgeblich dazu bei, die Standards in der operativen Versorgung und Hygiene zu verbessern und das OP-Personal weltweit zu schulen und zu unterstützen.

 

«Nach unserer Schulung haben sie sofort alles umgesetzt und empfanden es als Erleichterung.» Bianca Lumpp

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